Silberne Kidduschbecher aus Russland: Tradition, Handwerkskunst und Bedeutung.
In vielen jüdischen Familien spielt der Kidduschbecher freitagabends und an Feiertagen eine zentrale Rolle. Er ist nicht nur ein Gebrauchsgegenstand, sondern ein Symbol für Heiligung, Kontinuität und Familie. Silberne Kidduschbecher aus Russland nehmen eine besondere Stellung ein: Sie erzählen von tief verwurzelter Tradition, kunstvoller Handwerkskunst und religiöser Bedeutung.

Was ist Kiddusch?
Kiddusch – wörtlich „Heiligung“ – ist eine kurze Zeremonie, bei der zu Beginn des Sabbats und anderer jüdischer Feiertage ein Gebet über einem Becher Wein gesprochen wird. Dies findet abends, unmittelbar nach dem Synagogenbesuch und vor dem Abendessen, im Beisein der ganzen Familie statt. Der Kiddusch wird am folgenden Morgen wiederholt.
Das Gebet besteht aus zwei Segenssprüchen: einem über den Wein und einem über den Sabbat oder den jeweiligen Feiertag. Traditionell spricht das Familienoberhaupt den Kiddusch aus einem großen Kidduschbecher, während die anderen Familienmitglieder jeweils einen eigenen, kleineren Becher haben. Dies gilt nicht nur als praktischer, sondern auch als gesünder als das Trinken aus einem gemeinsamen Becher.
Die Bedeutung des gemeinsamen Weintrinkens:
Laut einer Erklärung des Aish-Rabbiners ist das Teilen des Weins ein wesentlicher Bestandteil des Kiddusch. Die Weisen empfehlen, einen *Kos Shel Bracha* – einen „Segensbecher“ – zu trinken, der für eine Mizwa (ein Gebot) verwendet wird. Durch das Teilen des Weins wird der Segen auch mit allen Anwesenden geteilt.
Daher schenkt der Gastgeber üblicherweise etwas Wein aus seinem eigenen Kidduschbecher in kleinere Becher für die Anwesenden ein. Dies muss jedoch mit Bedacht geschehen. Der Gastgeber muss den Wein einschenken, **bevor** er ihn selbst trinkt. Bereits getrunkener Wein gilt als *pagum* (wörtlich: „fehlerhaft“) und ist für den Kiddusch nicht mehr gültig. Nur reiner, makelloser Wein kann den Segen spenden.
Alternativ kann der Gastgeber seinen eigenen Becher nach dem Trinken weitergeben. Da sich der Wein noch im ursprünglichen Kidduschbecher befindet, gilt er nicht als Pagum und darf weiterhin geteilt werden.
Praktische Überlegungen zum Kidduschbecher:
Wenn der Gastgeber vor dem Trinken Wein einschenkt, muss er darauf achten, dass in seinem eigenen Becher noch genügend Wein übrig ist – mindestens die vorgeschriebene Menge *Revi'it*. Ist der Becher klein und es sind viele Gäste anwesend, wird oft ein separater Becher im Voraus mit Wein gefüllt. In diesen Becher wird dann eine kleine Menge Kidduschwein gegossen, sodass auch er den Status eines *Kos Shel Bracha* erhält.
Wichtig ist, dass die Gäste erst trinken dürfen, nachdem der Gastgeber begonnen hat. Sobald der Gastgeber Wein aus seinem Becher in einen zweiten Becher umgefüllt hat, muss er diesen sofort selbst austrinken, bevor der Wein geteilt wird.
Silberne Kidduschbecher aus Russland:
Vor diesem reichen Hintergrund gewinnen silberne Kidduschbecher aus Russland an besonderer Bedeutung. Im zaristischen Russland und später in Osteuropa wurden silberne Ritualgegenstände häufig von jüdischen und nichtjüdischen Silberschmieden in Handarbeit gefertigt. Diese Becher zeichnen sich durch ihr hohes Gewicht, die feinen Gravuren und traditionelle Motive wie Weintrauben, hebräische Inschriften und florale Ornamente aus.
Für viele Familien sind diese Becher Erbstücke, die über Generationen weitergegeben werden. Sie erinnern an die Sabbatmahlzeiten in schwierigen Zeiten, an das Festhalten an Traditionen trotz Verfolgung und Emigration und an die Kraft von Ritualen wie dem Kiddusch, Familie und Gemeinschaft zusammenzuhalten.
Eine Tasse voller Geschichte:
Ein silberner Kidduschbecher aus Russland ist daher mehr als nur ein schönes Objekt. Er ist ein Segensträger, ein Instrument für den *kos shel bracha* und eine greifbare Verbindung zur Vergangenheit. Jeden Freitagabend, wenn der Wein geweiht und geteilt wird, erwacht nicht nur der Sabbat zum Leben, sondern auch die reiche Geschichte und Spiritualität, die in einem solchen Becher verkörpert sind.
